Heimkehr von der Odyssee

Keine zehn Jahre, sondern 365 Tage nach unserer Abreise aus der Schweiz packen wir unsere Rucksäcke zum letzten Mal. Jeder Gegenstand weckt Erinnerungen: Die faltbaren Campingteller, die uns durch die goldene Küste Neuseelands begleitet haben; die Schirme, mit denen wir der Regenzeit Laos’ trotzten; die Hosen, mit denen ich die grüne Hölle von Borneo durchquert habe; die Badehosen, mit welchen wir Seeschlangen und Haien begegnet sind; die in Pristina gekauften warmen Kleider, die danach bitter benötigt wurden und natürlich das elend langsame, billige Asus Netbook, mit dem wir manchmal qualvoll diesen Blog gefüttert haben. Die Odyssee, ähm Blogyssee, geht zu Ende und wir kehren heim.

Hawaii verabschiedet sich von uns mit Regen. Nach vielen schönen Tagen hat hier der Winter eingesetzt. Heute morgen wollen wir nochmal “SUP”en (stand up paddling), doch das Wetter macht nicht mit. Daher haben wir ein bisschen Zeit uns bereits auf den Alltag in der Schweiz einzustellen. Wachen wir nun aus einem Traum auf? Kehren wir einfach aus sehr langen Ferien zurück? Wie schnell werden wir wieder im alten Trott sein? So oder so steigen wir bald ins Flugzeug zurück in unser neues altes Leben. Und wir freuen uns darauf Euch alle bald wieder zu sehen!

Entdeckungsreisen

Neben den Stränden und dem Wassersport gibt es auch an Land und im Innern der Insel viel zu sehen. Maui wird dominiert von zwei erloschenen Vulkanen, die auch das Wetter und die Klimata in den verschiedenen Regionen bestimmen. Neues zu entdecken gibt es natürlich nicht mehr: Vor uns, nach uns und auch mit uns gab und gibt es viele Leute, die genau das Gleiche im Sinn haben. Aber wie wir letztes Jahr häufig festgestellt haben, gibt es meist gute Gründe, warum Sehenswürdigkeiten solche sind und viele Besucher anlocken. Und auch wenn wir diese mit vielen anderen Leuten teilen, haben wir unsere eigene für uns sehr spezielle Erinnerung.

So fahren wir im Kolonnenverkehr noch im Dunkeln auf 3000 Meter über Meer um den Sonnenaufgang auf dem Berg Haleakala zu bestaunen. Es ist kalt, sehr kalt, und wir haben alle unseren warmen Kleider angezogen. Nachdem die Sonne endlich aufgegangen ist, machen wir eine wunderschöne sechsstündige Wanderung durch den Krater des Vulkans. Wir treffen hier nur einige wenige Leute während des ganzen Tages. So einfach sind wir der Menschenmenge am Morgen entkommen. Der Berg ruft uns noch ein zweites und ein drittes Mal für den Sonnenuntergang mit Picknick und mit Fondue. Jedes Mal ist die Stimmung etwas anders (aber immer sehr kalt).

Nun ist es aber an der Zeit um den Berg herum zu fahren auf der berühmten “Road to Hana” und dem “Pilani Highway”. Wir beschliessen die Fahrt auf zwei Tage zu verteilen um auch die vielen Wasserfälle und schönen Strände bestaunen zu können. Wir fahren los im Gegenstrom zum allgemeinen Touristenverkehr und haben die Strasse zuerst ganz für uns alleine. Wir erreichen die berühmten “seven sacred pools” und wandern in Zweisamkeit durch den dunklen Bambuswald zu einem mehr als 100 Meter hohen Wasserfall. Doch zurück beim Auto ist es mit der Ruhe vorbei. Wir kreuzen nun die vielen Autos, die alle das gleiche Ziel haben. Die Dichte an Mustang-Cabrios ist dabei unglaublich hoch. Es scheint das Auto der Wahl zu sein, wenn man sich auf Maui etwas gönnen will. Damit die Besitzer ihre Mietautos wieder finden, hat sich wohl jemand überlegt, diese in möglichst vielen Farben anzubieten. Ja, für mich wäre es wohl eher ein zweifelhaftes Vergnügen ein giftgrünes Auto zu fahren.

Am Abend treffen wir die zwei Schweizer, mit denen wir unsere Hütte am schwarzen Sandstrand Wai’anapanapa gemietet haben. Nach einigen Versuchen (wo sind die Pfadfinder, wenn wir sie brauchen?) brennt unsere Kohle und wir fabrizieren uns ein feines Znacht. Dank Mückenspray können wir die Stimmung draussen geniessen. Wir sind nämlich jetzt im regenreichen Teil der Insel mit üppiger Vegetation und vielen Wasserfällen.

Am zweiten Tag nehmen wir nun den Hana Highway in Angriff. Die Strasse besteht aus mehr als 600 Kurven auf etwa 50 Meilen oder so und zusätzlich Unmengen von Einbahnbrücken. Wir verweilen am Morgen an den Stränden in Hana um den Strom an Autos an uns vorbeizulassen. Dann gehts los, durch den Urwald, vorbei an Wasserfällen, Strassenständen, wunderschönen Ausblicken aufs tosende Meer und der Sichtung des einen oder anderen Wals. Eine schöne Fahrt.

Der zweite, kleinere Vulkan von Maui ist schlechter zugänglich. Er ist von Tälern durchzogen, wobei das Iao Tal wahrscheinlich das berühmteste ist. Von unserem temporären Daheim sehen wir an dieses Tal, das an den meisten Tagen wolkenverhangen ist. Doch eines Tages, der Wind hat gedreht, ist es plötzlich frei und wir packen die Gelegenheit es zu besichtigen. Mittendrin steht ein dünner, hoher Felsen, der in der hawaiianischen Geschichte während der kriegerischen Eroberung von Maui eine grosse Rolle gespielt hat. Wir lassen uns an diesem Ort von der heute friedlichen Atmosphäre anstecken und geniessen die Schönheit des Orts.

Langsam aber stetig erkunden wir die Insel. Wir schauen uns die alten Plantagenstädte an, die heute teilweise dank dem Tourismus wieder auferstanden sind. Wir bewegen uns aber auch in den neueren kommerziellen Zentren, stecken mal im Verkehr fest, müssen einkaufen und putzen, wie zu Hause auch.

Leider kommen wir schon bald zum Schluss unseres Aufenthalts auf Maui (und unserer Weltreise). Kurz vorher steht für uns aber noch ein sehr wichtiger Tag an: Wir feiern unsern elften Jahrestag. Diesen beschliessen wir auf der Nachbarinsel Lanai zu verbringen. Lanai wird auch die Ananas-Insel genannt und ist zu 98% im Privatbesitz. Früher bestand die Insel hauptsächlich aus Ananasplantagen, die heute aber grösstenteils nicht mehr existieren. Lanai hat auch einen wunderschönen goldenen Strand mit Palmen, an dem man zelten darf. Nach einer einstündigen Fahrt mit der Fähre (und wieder einmal Sichtung von einigen Buckelwalen, die im Wasser herumhüpfen) kommen wir an. Zu Fuss geht es an den Strand, wo wir unser Zelt aufstellen und dann den Tag geniessen. Am Strand stossen wir an und auf dem Feuer kochen wir uns ein subjektiv sehr gutes Abendessen.

Surrounded by water

Maui is watersports territory. Although celebrated as one of the best windsurfing spots in the world, it also offers an abundance of great opportunities for surfers, “SUP”-ers, snorkelers and scube divers (why do all watersports start with an “s”?). Since I tried windsurfing with modest success when I was in Maui last time eight years ago, we concentrated more on the other alternatives.

When I refined my skills to catch some nice waves, Anne discovered her fun in stand up paddling (“SUP”). This relatively new watersport is like surfing but you stand on the board with a paddle in the hand. This position allows you to have a nice view over coming waves and underwater stuff (a good thing considering the widespread shark paranoia here). And with the paddle it is much easier to catch the waves and steer. I tried the sport three years ago in California in calm waters and it was no lasting memory. However, doing the same in the world class Hawaiian waves and warm waters I see the sport differently. Oh my dear, have we been washed in the waves. Two to three meters are enough for us and when we see the crazy guys riding the ten plus meter waves in Peahi (“Jaws”) and their broken surfboards, we are happy to sit safely on the beach.

And what would be the best soundtrack for this? Of course the legendary Beach Boys (“Surfin’ U.S.A.”). Luckily they were just having a live concert a couple of days ago in Maui. The perfect match and great atmosphere open air amongst palm trees and beneath a stary sky. However, the old fellows have never been known for the quality of their music and mastering of their instruments. Most of the grey heared hippie audience did not realize (or bother) when the Boys sang “Fun, fun, fun” in the wrong tonality for a while.

Being on the water is fun. Being below the surface is amazing. In the last twelve months we have been diving in New Zealand, Australia, Thailand, Indonesia and Djibouti. We have seen some of the best diving spots in Komodo and Bira, swam with whalesharks and did some awesome sub-tropical dives. When we arrived in Hawaii, I desperately wanted to go under water, mainly because I heard some great stories and did not have my diving certification when I was here last time. So, we took the first boat in the morning, maneuvered through jumping humpback whales and arrives at famous Molokini outerwall at sunrise. What could one wish more than 50 meters of visibility, constant whale song music and great sealife. Think of the biggest frogfish you ever saw, surreal harlekin shrimp, rare tiger snake eels, tiny Hawaiian lion fish and color changing octopus. Oh, and by the way we have seen some whitetip sharks as well.

Verloren im Paradies

Nach zwölf Tagen Erholung im Inbegriff des tropischen Ferieninselparadieses (aka Hawai’i the Big Island) ist es an der Zeit weiterzureisen. Unsere nächste (und leider auch schon letzte) Destination ist Maui, die Nachbarinsel und gemäss Erwartungen auf einem ähnlichen “Paradiesniveau”. Die Inseln sind nah, der Flug kurz und somit müssen auch die Fluggeräte nicht allzu gross sein. Wir werden auf Kona am Pendlerterminal abgeladen und besteigen ohne irgendwelche Sicherheitskontrollen (doch wir befinden uns immer noch auf dem Territorium der USA) die neunplätzige Cessna. Theo und ich kriegen die (Verliebten)-Bank hinten im Flugzeug und geniessen den Panoramaflug.

Der erste Eindruck von Maui sind die riesigen Zuckerrohrfelder im Tal zwischen den beiden Vulkanen, nach dem die Insel auch “the Valley Island” benannt wird. Unsere Unterkunft befindet sich “upcountry” auf 700 Meter über Meer, wo es etwas kühler ist. Wir werden die nächsten paar Wochen an einem Ort verbringen und packen unseren Rucksack das erste Mal seit langem vollständig aus. Dies ist ein ganz spezielles Gefühl nachdem wir so lange aus dem Rucksack gelebt haben. Fast wie wenn wir wieder eine Identität verloren hätten, nämlich die des Rucksackreisenden. Doch was ist denn unsere neue Identität? Schwierige Frage. Wir finden die Antwort nicht sofort.

Weihnachten verbringe ich seit langem wieder einmal an der Wärme. Klassische Weihnachtsstimmung kommt dabei natürlich nicht auf, aber es gefällt uns trotzdem. Wir grillieren zusammen mit unseren momentanen WG Kollegen und deren Bekannten. Es sind auffällig viele Schweizer darunter. Wir spielen eine Art amerikanische Version des “Wichtelns”: Alle bringen ein günstiges Geschenk mit und jeder darf der Reihe nach eines aussuchen und auspacken. Gefällt es nicht, darf man es mit einem bereits ausgepackten Geschenk eines früheren Spielers tauschen (und nächste Spieler können es bei Gefallen dann mir wieder wegnehmen). Nur leider funktioniert das Spiel mit den Schweizern nicht, die meisten sind viel zu höflich um jemanden etwas wegzunehmen. Getauscht werden die Geschenke dann erst am Ende des Spiels, wenn beide einverstanden sind. Irgendwie kommt mir die Situation seltsam vor, ich fühle mich doch etwas fremd in der Runde. Muss ich mich nun auf einen rückwärtigen Kulturschock einstellen?

In der touristischen Hochsaison machen wir uns auf, die Insel Maui zu erkunden. Mit vielen anderen Autos auf der Strasse fahren wir vorbei an wunderschönen Küsten, sehen dabei Buckelwale auftauchen, springen und Wasserfontänen ausspeien und machen uns auf die Suche nach unserem persönlichem Lieblingsstrand. Zur Auswahl stehen helle, goldige, schwarze oder rote Strände, verbaut oder naturbelassen, mit Wellen oder spiegelglatt, mit Schildkröten, Seehunde und anderen Tieren. Die Wahl ist schwierig und die Favoriten bekommen immer wieder neue Konkurrenz.

Nach einigen Tagen gleicht unser Auto einem Sandkasten. Scheint doch ein idealer Zeitpunkt zu sein um es gegen ein sauberes Auto zu tauschen. Und just in dem Augenblick verliert einer der Reifen an Luft, was sich auch nach mehrmaligem Pumpen nicht ändert. Wir sagen also Tschüss zu unserem Auto und unseren Abendplänen am Hippiestrand und fahren mit einem fast platten Reifen zur Autovermietung. Mit neuen vier Rädern ausgerüstet geht unser Alltag auf der Insel weiter. Jeden Morgen müssen wir uns so schwierigen Entscheidungen stellen, an welchen Strand es denn gehen soll. Sollen die Surfbretter mit oder doch eher die Schnorchelausrüstung (oder beides)?

Bald schon ist es Silvester, ein für uns sehr ereignisreiches Jahr geht zu Ende. In Flipflops stossen wir in Strandnähe auf das neue Jahr an und feiern bis um ein Uhr dreissig die Lokale schliessen. In diesem Sinne (zwar mit etwas Verspätung) nochmals auch Euch allen alles Gute fürs neue Jahr.

Die grosse Insel

Nein, für einmal liegt es weder an nicht vorhandenem Internet noch kämpfen wir uns durch einen undurchdringlichen Dschungel am Ende der Welt. Obwohl sich viele tausend Kilometer rund um uns herum nur pazifische Wassermassen befinden, verfügt Hawai’i durchaus über (fast) alle zivilisatorischen Annehmlichkeiten. Die längere Sendepause könnte man mit “Weihnachtsferien”, “umgekehrtem Kulturschock” oder “Schirmchendrink-Ablenkung” entschuldigen, doch eigentlich waren wir schlicht etwas schreibfaul. Aber genug der Rechtfertigungen.

Wenn man nach fast zehn Monaten Reise, zu vielen holprigen Busfahrten, schäbigen Unterkünften und knapp essbaren Mahlzeiten ein Land wie Äthiopien besucht, dann kann das einem schon noch die paar letzten Nerven kosten. Wenn man aber von diesem gemäss “Human Development Index” entwicklungsmässigen Schlusslichtland in den hegemonischen Superstaat schlechthin reist, dann spielt man nicht in einer anderen Liga, sondern wechselt die Sportart. Fähigkeiten wie Improvisationstalent, Durchhaltewillen (oder Leidensfähigkeit), Optimismus und Humor rücken in den Hintergrund und zwei andere Variablen werden immanent wichtig: Eine funktionierende Kreditkarte und ein plattenfreies Auto. Alles andere ist nebensächlich.

Ausgerüstet mit beidem landen wir in Kona, einem Ort, der in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts das Prädikat “touristisch” verdient hätte, dessen Kitsch und Retro-Charme auf uns aber durchaus ansprechend wirkt. Was lässt sich schon gegen ein überdimensioniertes abgewohntes Zimmer mit Meersicht, einen Schirmchendrink im Plastikbecher am Pool, lokal angepflanzten Filterkaffee und eine Auswahl an zehn verschiedenen Burgern einwenden. Zudem gibt es jeden Tag traumhaftes Wetter, denn Kona liegt bezeichnenderweise auf der “Kona-Seite”, das heisst der windabgewandten und regenarmen Seite von Hawai’i.

Ja, wo befinden wir uns denn jetzt genau? Auf Hawai’i. Ja, aber auf welchen Insel? Auf Hawai’i. Seit Kamehameha I. geweissagt wurde, dass er einst über alle Inseln herrschen würde und er diese Prophezeiung unter grossem Blutvergiessen bewahrheitete, wird das ganze Archipel nach der Heimatinsel des ersten hawaiianischen Königs benannt. Das ist wahrscheinlich nicht die offizielle Erklärung, aber meine ganz persönliche Auslegung. Jedenfalls landen wir auf der jüngsten, südlichsten und grossen Insel. Weil die Namensgleichheit der Insel und der Inselkette zu viel Verwirrung stiftet, wird sie heute in gut amerikanischer Art schlicht die grosse Insel “The Big Island” genannt. Bevor wir in Maui einen Freund besuchen wollen, verbringen wir denn nun ein paar vorweihnachtliche Tage auf dieser grossen Insel.

Wider Erwarten setzt uns der Jetlag stark zu. Nach einem Übernachtflug von Addis Abeba mit Aufenthalt in Doha, einem überlangen Tagesflug nach Los Angeles, dem zu erwartenden Verhör am amerikanischen Zoll (das Iran-Visum lässt grüssen) und einer zusätzlichen Nacht ebenda, brauchen wir ein paar Tage Erholung. Und dies lässt sich in Hawai’i zur Genüge finden.

Nach drei Tagen selbst verordneter starker Medizin in Form von Puderzuckerstränden, Comfort-Food und Schirmlidrinks, ist der Jetlag kuriert und wir schauen uns die Insel genauer an. Obwohl einst das politische und kulturelle Zentrum von Hawai’i, tanzt der Bär heute andernorts: Die Touristen reisen nach Oahu und Maui und das Geschäftliche beschränkt sich vorderhand nur auf Oahu (genau, dort liegt Honolulu und der Waikiki Beach). Ersteres mag erstaunen, denn die grosse Insel bietet eine enorme Abwechslung an verschiedenen Klimata, einige Überbleibsel der vormissionarischen (und vor-cookschen) Kultur und ein relativ einfaches Eintauchen ins lokale Leben. So sind wir begeisterte Zuschauer beim dörflichen Weihnachtsumzug (mit obligatem Coca-Cola-Truck) und fast die einzigen nicht-weisshaarigen und nicht-lokalen Groupies bei einem Slack Key Gitarrenkonzert. Und am Ort, wo Captain James Cook sein unglückliches Ende fand, finden wir nach jahrelanger Tauchabhängigkeit endlich wieder Freude am Schnorcheln.

Berühmt ist Hawai’i jedoch vor allem für seinen nach wie vor sehr aktiven Ursprung: Die Vulkane. Nachdem eine hartnäckige Anne und eine Reisewarnung des EDA mich überzeugen konnten, dass der Lavasee in der äthiopischen Danakil-Ebene ohne eigene Armee vielleicht doch kein geeignetes Reiseziel darstellt, freue ich mich natürlich umso mehr darauf, endlich flüssiges Gestein zu sehen. Leider fliesst im Moment keine Lava ins Meer und die beiden einzigen aktiven Austrittsstellen sind wegen giftiger Gase weiträumig abgesperrt. Immerhin sehen wir in der Nacht das immense Glühen des Halema’uma’u Kraters (siehe momentanes Titelbild oder hier) und damit indirekt flüssige Lava. Am nächsten Tag versuchen wir zu Fuss möglichst nahe an den anderen aktiven Spot, den Pu’u O’o, heranzukommen. Über abgekühlte messerscharfe A’a-Lava (ja, das nennt man wirklich so und es hat nichts mit Fäkalien zu tun) und teigige Pahoehoe-Lava führt der Weg von trockener vulkanischer Wüste plötzlich mitten in feuchten tropischen Regenwald. Näher als zu ein paar bizarr anmutenden Lavaskulpturen vor einem rauchenden Krater kommen wir aber auch hier nicht heran. Statt flüssigem Feuer kriegen wir die unbeugsame Natur in Form von noch flüssigerem Nass von oben ab. Nass bis auf die Haut müssen wir feststellen, dass wir auf der ganzen Reise noch nie derart verschifft wurden. Und natürlich verliere ich mitten in der Wildnis noch unseren Hotelschlüssel (der Pfad wird im Durchschnitt nur jeden zweiten Tag von einem Tourist begangen).

Danach besuchen wir den höchsten Berg der Welt, den Mauna Kea. Leider hat irgendein Geologe einmal bestimmt, dass Berge erst ab Meereshöhe gemessen werden, womit nur die obersten 4205 Meter des mehr als 10’000 Meter hohen Vulkans zählen. Das Wetter will uns aber auch weiter nicht hold sein. Obwohl der Mauna Kea seinen berühmten Teleskopen mehr als 300 klare Tage im Jahr verspricht, erreichen wir ihn bei Regen. Dies hat den Vorteil, dass wir praktisch allein sind und nach zwei Stunden ausharren in der eisigen Kälte erhaschen wir doch noch ein paar Blicke auf die Streifen des Jupiters und die riesigen Krater des Mondes. Das regenbringende Tiefdruckgebiet hat übrigens unten an der Küste zu derart hohen Wellen geführt (und wir reden hier in hawaiianischen Dimensionen), dass ein Grossteil der Strände geschlossen werden. Obwohl damit das Schnorcheln mit Mantas ausfällt, können wir über dem Tosen von haushohen Brechern unter Kerzenschein dinieren. Und das eigenwillige Wetter beschert uns den kitschigsten Sonnenuntergang seit langem. So oder so: Die grosse Insel ist definitiv ein Highlight.

Das Wort “Schirmchendrink” ist übrigens in diesem Post nicht vergebens drei Mal vorgekommen. Ich musste Anne in Iran einen solchen versprechen und es hat tatsächlich mehr als zwei Monate bis zur zufriedenstellenden Erfüllung gedauert. Da häufen sich schon mal ein paar Zinsen an.